29 April 2016 Cluj, Rumänien
Das Eisbärkalb schien sich stärker an uns gebunden zu fühlen, als andersrum. Am Tag unseres Abschieds vom Ende der Welt, galoppierte der weiße Sturm fröhlich vor uns her. Zu dritt wäre es wahrscheinlich sogar in Polen schwierig zu trampen. Zum Glück ertönte bald ein rettender Pfiff aus unserer letzten Unterkunft und das dritte Rad schoss davon. Wenig später schaukelten wir auch schon gemütlich weiter in der Kabine eines polnischen LKW Fahrers.
Ein wenig bedrückt erklärte unser nächster Fahrer, dass wir, von den 5 Sprachen, die er sprach, keine verstehen konnten. Dennoch reichte ein Lächeln und eine Handbewegung aus, zu verstehen, was soeben am Grenzübergang zur Slovakei geschehen war. Anscheinend ist eine schwarz-weiße Priesteruniform ein prima Ersatz, wenn man nicht den nötigen Fahrzeugschein bei sich hat. Denn wenig später wurden wir schon durchgewunken.
Während trampen in Polen leicht von der Hand ging, mussten wir uns in der Slowakei etwas mehr anstrengen. So bekamen wir zwar das ein oder andere Lächeln geschenkt, als wir unsere Geheimwaffe, die Ukulele, zum Vorschein holten und die Straße mit Musik beglückten, aber leider keinen Lift. Muss wohl am Ort gelegen haben, denn ein Dorf weiter hielt doch schnell jemand an und lud uns auch gleich zum Übernachten ein.
So ging es nach vier Tagen Wildnis unter eine warmen Dusche und zu Pizza und Palinka über. Ganz viel Palinka. Ein Onkel schräg gegenüber betrieb seine eigene kleine Destillerie und demonstrierte uns, unter reichlichem Palinkaverzehr, die Kniffe und Tricks des Destillierens.
Während des Frühstücks am nächsten Morgen, wo wir mit Mühe einen Tee und Joghurt herunter bekamen, wurde uns klar, dass wir noch viel trainieren mussten, um für Russland gewappnet zu sein.
Mit einem Liter Palinka unterm Arm und selbstgemachter Blaubeermarmelade im Rucksack, bekamen wir dann auch noch eine Fahrt nach Prešov. Das Einzige was dem gegenüberstand war unser Versprechen noch einmal zurück zu kommen um von unseren Erlebnissen zu berichten.
Von Prešov war es nur noch ein kleines Stück nach Košice, wo wir uns vom vorrangegangenen Abend erholen wollten. Zwei Nächte in einem Hostel gaben uns die Möglichkeit Videos zu schneiden, am Blog zu arbeiten und ein überraschend schönes Košice zu entdecken. Durch den Tip eines Hostelmitarbeiters fanden wir unseren Weg zum Colosseum, ein ausgezeichnet gut versteckter Punk- Metal Club, mit einem Wirrwarr an Treppen und Türen, Durchgängen und Bars. Ein Pint Bier für nur einen Euro, war dabei eine willkommene Abwechslung zum Palinka am Abend davor.
Wir folgten unserem Ziel Richtung Rumänien weiter mit einem längeren Zwischenhalt an der ungarisch-polnischen Grenze. Nach kurzem Zweifel setzte der freundliche Roman wieder für uns zurück, um uns doch mitzunehmen und dann auch noch einen grossen Umweg zu fahren, um uns an der besten Tankstelle an der Straße nach Rumänien rauszulassen.
Da machte sich unser Schild mit den Buchstaben „RO“ nützlich, mit dem wir auf Adi zuliefen und lächelnd auf sein Nummernschild mit den gleichen Buchstaben wiesen. Adi ging lachend darauf ein, wobei er damit gegen die ausdrückliche Warnung seiner Freundin, bloß keine Tramper mitzunehmen verstieß. So hatten wir an einem Tag von der Slovakei aus Ungarn durchkreuzt und Rumänien erreicht.
Bevor wir in Oradea überhaupt zur Besinnung gekommen waren und noch nicht mal den Daumen in der Luft hatten, kam Nelu auf uns zu und fragte, ob wir vielleicht zu unserer Endbestimmung, Cluj, mitfahren wollten.
Leicht schwankend mit dem Daumen auf seinem Smartphone, um uns stolz Fotos seines Hahns zu zeigen, fuhren wir im Rekordtempo nach Cluj. Auffallend waren die Zigeunerhäuser in Huedin mit besonderen zierlichen metallverzierten Dächern und Türmchen. Ein Statement einer ausgeschlossenen Gemeinschaft mit den dazugehörigen gesellschaftlichen Problemen. Denn trotz aller Pracht von Außen, scheinen die meisten Paläste unbewohnt und ihnen fehlt jeglicher Innenausbau. Nach einem abschließenden Kaffee, anstelle eines Palinka (Nelu musste noch fahren) ging es weiter zu unserer bisher seltsamsten Unterkunft…