Dan arbeitet als Englisch Lehrer in Beijing und schreibt über seine Reiserlebnisse auf seinem Blog, er hat sogar sein eigenes Buch über die Zeit, die er in Süd-Amerika verbracht hat, veröffentlicht: „1000 Days Between“!
Wir wollen ja nicht gleich politisch werden, zumindest nicht bevor wir Russland verlassen haben. Aber wo führt dieser provokative Titel uns hin?
Zunächst weg aus Pavlodar, unseres letzten Aufenthaltsorts in Kasachstan, ein Land, dass die gleichen demokratischen Werte teilt, wie sein zuvor genannter großer Bruder. Die Familie, bei der wir unterkamen, hatte ihre eigenen politischen Hürden zu nehmen. Sie wollten partout ihre fünf süßen Kinder zu Hause unterrichten, was offiziell in Kasachstan (wie in Deutschland übrigens auch) nicht erlaubt ist. Die Mutter verließ daher mit den fünf Kindern das Land um in Indien und Nepal die Kinder selbst zu unterrichten und es war erst das Erdbeben in Nepal nötig, damit der Schuldirektor die Familie aufforderte, doch in Kasachstan zu bleiben und zusammen eine Lösung zu suchen.
Großer Respekt gilt der Mutter, die sich um die Wohnung, das Unterrichten der fünf Kleinen zwischen 0 und 10 Jahren und uns Gäste kümmerte. Mit fünf Kindern, zwei Eltern, uns beiden und noch einem anderen Couchsurfer, lässt sich einfach ableiten, dass das zwei intensive Tage waren.
Daher hatten wir eigentlich vor mit dem Zug von Kulunda gleich hinter der russischen Grenze weiter Richtung Barnaul zu einem großen Salzsee zu fahren und dort ein paar Tage zu campen. Der Zug fuhr allerdings leider nur einmal am Tag und zwar kurz vor unserer Ankunft in Kulunda ab. Aber was soll’s, Daumen wieder raus und schon kurze Zeit darauf saßen wir im Auto einer netten kleinen Familie aus Kulunda, Mutter, Tochter, Sohn und wurden zu einem kleinen Hinterhof Konzert der evangelischen Gemeinde Kulundas kutschiert, bei dem die Tochter sang und Violine spielte. So erklang vom Wind in den Mikrofonen verzerrt, vor bizarrer Kulisse mit drohenden Gewitterwolken im Himmel und umgeben von Sovietbauten, das was eigentlich Gesang zu Gottes Gefallen hätte sein sollen. Wir versuchten noch das Konzert mit unserem Mikrofonwindschutz zu retten, nach kurzem Versuch wurde dies jedoch abgelehnt und lieber auf Gott vertraut bis der Regen kam.
Wir bekamen dann aber freundlicherweise eine nette Tour von der Dame, die uns mitgenommen hatte und sie zeigte uns die Sehenswürdigkeiten von Kulunda, allen voran ein weiterer riesiger Salzsee, dessen schwarzer Schlamm angeblich heilende Kräfte hat. Baden wollten wir aber nicht, da zum einen das Wetter und zum anderen die Anzahl, der sich auf dem Strand befindlichen Maden, nicht gerade verlockend waren. Die Dame brachte uns dann zur Hauptstraße nach Barnaul und ließ sich nur mit Mühe überzeugen uns dort auch aus dem Auto zu lassen, da es leicht regnete. Als Witz stellten wir uns alle fünf mit dem Daumen nach oben an die Straße.
Wir müssen wohl einen beeindruckenden Anblick geliefert haben, denn gleich das erste Auto hielt. Wir verabschiedeten uns und hüpften in den weißen Mercedes SUV, unserem luxuriösesten Gefährt bis dahin. Ivan, der Fahrer fuhr geradewegs nach Barnaul, wo wir als Freiwillige in einer Sprachschule arbeiten wollten und nachdem wir uns auf der Fahrt so nett mit ihm auf Russisch unterhalten hatten, Google Translate sei dank, lud er uns auch gleich zu sich nach Hause ein.
Nachdem Ivan alle Zutaten eingesammelt hatte, kochten wir zusammen ein vorzügliches Essen bei ihm. Das regionale unraffinierte Sonnenblumenöl, das als Salatdressing diente, war vorzüglich und während Jeroen strategisch versuchte sein Whiskeyglas immer halbvoll zu halten, um weiteres Auffüllen zu vermeiden, zogen wir irgendwann mit einer guten Flasche Wein, Honigmelone und einer Gitarre nach oben auf den Penthouse Balkon. Während Ivan also zurückgelehnt in seinem Schaukelstuhl Lindas kleines Konzert genoss, ließ Jeroen seinen Blick über den Lichtern der Stadt ruhen, schlürfte Wein und futterte Melone.
Nachdem wir freundlich ablehnten eine weitere Nacht zu bleiben, machten wir uns auf zu einem Hostel, um uns dort in unserem Zimmer einzuschließen und den fehlenden Schlaf der letzten Tage nachzuholen. Das Hostel war voll von eigenartigen Gestalten, wobei diese wahrscheinlich das gleiche über uns dachten, denn durch die geschlossene Tür hörten wir immer wieder jemanden “Germania”und “Niemezcy” (Deutsch) murmeln. Nach zwei erholsamen Tagen machten wir uns dann auf, die anderen Freiwilligen aus Großbritannien und Frankreich und die Mitarbeiter der Aapple Sprachschule kennen zu lernen.
Obwohl die Luft in Barnaul von Mücken gesättigt war, verbrachten wir ein paar schöne Tage mit den russischen Betreuern Polina und Anja sowie dem Kameramann Slava und den anderen Freiwilligen bevor wir zum Sprachcamp nach Chemal in die Altaiberge aufbrachen, nicht ohne zuvor immer wieder das Versprechen zu hören, in den Bergen gäbe es keine Mücken. Das Versprechen war glücklicherweise nicht nur ein Trick um uns ins Camp zu locken.
Um eine Ahnung davon zu bekommen, was es heißt in einem modernen Arbeitslager zu sein, bringt uns zurück zu unserem Titel. Wir hatten lots and lots and lots of fun mit allen Beteiligten im Aapple camp. Das schwierigste war, bei der Frage wie wir Russland denn finden, die politische Sicht darauf auszuklammern – Selbstzensur wohl als Konsequenz eines unterdrückenden Regimes. Aber wir wollten ja (noch) nicht politisch werden und wir können mit gutem Gewissen auf die Frage, wie wir Russland finden, antworten: Das Land ist wunderschön und alle Leute, denen wir begegnet sind, waren unglaublich gastfreundlich, hilfsbereit und nett!